"Vier Wochen alt"...
sagt die aufgeregte junge Frau am Telefon - ausgesetzt in einer Plastiktüte! Was sie dann mit sich bringt, eingewickelt in eine alte Wolldecke, sind drei rote Katerchen, ein Glückskätzchen und eine klitze-kleine silbergrau-getigerte Schönheit. Fünf Winzlinge zwischen 100 und 180 Gramm, höchstens 16 Tage alt.
Gütiger Himmel!
Wie war das noch gleich vor einigen Jahren mit den kleinen verwaisten Igeln? Damals hatte mir eine befreundete Hebamme recht lieb geholfen. Auf Rosemarie ist auch jetzt wieder Verlass. Ausgestattet mit einem Sack Aletemil-Probepäckchen, zwei Liebesperlenfläschchen, Thermometer und Wärmflasche mutiere ich zur Katzenmutter.
Ab sofort alle drei Stunden fünfmal Fläschchen mit 36 Grad geben, Bäuchlein massieren, putzen, waschen und trockenföhnen, schmusen (ganz, ganz wichtig!) und auf die Wärmflasche packen. Obwohl das Aufstehen nachts zwischen 2 und 3 Uhr schon Überwindung kostet, sind mir gerade diese nächtlichen Stunden als die schönsten in Erinnerung. Das ganze Haus schläft, nur das leise Schmatzen meiner Flaschenkinder und dann das satte, zufriedene Schnurren sind zu hören. So ruhig und friedlich, da wird mir so richtig warm ums Herz. Halt! Das ist jetzt der kleine rote Kater mit den weißen Plüschohren, der mich vollpinkelt. Das hört sich aber ziemlich bald auf. Es ist faszinierend. Kaum können sie einigermaßen laufen, wackeln sie schon aufs Katzenklo. Auch für die übrigen Familienmitglieder ist diese Zeit aufregend und schön zugleich. Der Hausherr leistet ganz freiwillig wertvolle Dienste als Bäuchleinkrauler und Katzensitter "war das schon ein Bäuerchen oder nicht?"
Meine Hunde reagieren unterschiedlich. Henry zählt jeden Morgen nach, schleckt sie ab und schaut, dass sich niemand verläuft. Bella entwickelt Muttergefühle, wird ganz steif, wenn sich Fremde über den Katzenlaufstall beugen. Da muß ich eingreifen, eine scheinträchtige Hündin kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Kater Philipp nimmts gelassen, nur Fanny, unsere kapriziöse Katzendame spinnt wie üblich, ist beleidigt (mich braucht jetzt wohl keiner mehr) und geht erst nach drei Wochen wieder zur Tagesordnung über.
Nach zwei Wochen haben meine Katzenbabies ihr Gewicht verdoppelt. Sie sind allerliebst, tasten mein Gesicht mir ihren kleinen Pfoten ab und hören aufmerksam auf meine Stimme. Ich übe mich im Schnurren, Gurren und Maunzen. Sie sollen ja nicht nur mit einer "Fremdsprache" groß werden. Ich könnte ihnen stundenlang zuschauen, wie sie selbstvergessen auf- und untereinander liegend schlafen oder wenn bei ihren wilden Spielen "die Post abgeht".
Anfang September muss ich verreisen, und meine Lieblinge ziehen um nach Griesbach. Gott sei Dank fressen sie schon selbständig. Ich weiß, bei Elisabeth bekommen sie die gleiche Liebe und Fürsorge wie bei mir. Warum fühle ich mich nur so elend und beschissen? Als ich mich verabschiede, habe ich einen dicken Kloß im Hals. Sentimentale Kuh?
(Mit freundlicher Genehmigung aus "IGT informiert", Heft 4)